Ersitzung eines Servitutswegs

Dr. Florian Leitinger LL.M., Mai 2022

Streitigkeiten rund um Servitutswege gehören zum täglich Brot des Rechtanwalts. Das liegt schon einmal an der Vielzahl an Grundstücken, die lediglich über private Zufahrtsstraßen erreicht werden können.

Bereits an dieser Stelle ist aus rechtspolitischer Sicht festzuhalten, dass es wünschenswert wäre, wenn der Gesetzgeber auf den Bauboom der letzten Jahre auch dahingehend reagieren würde, dass Anrainern – über die bestehenden Möglichkeiten hinaus – ein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt wird, um auch die Vergemeinschaftung entsprechender Zufahrtswege im Sinne eines Verfahrens zur Öffentlichkeitserklärung zu erreichen. Feststellbar ist, dass Gemeinden zur Förderung des Zuzuges oftmals bereitwillig die Entstehung von Wohnbauten unterschiedlichster Art begleiten und auch fördern. Es wäre allerdings aus meiner Sicht eine Notwendigkeit, dass damit auch die Sicherstellung öffentlicher Geh – und Fahrwege einhergehen würde. Dass das vielfach nicht erfolgt, liegt wohl daran, dass die öffentlichen Budgettöpfe zur Erhaltung von Straßenanlagen bereits aufgrund des aktuell bestehenden weitverzweigten Straßennetzes, das wir in der Steiermark kennen, belastet sind. Dann möchte man nicht auch noch weitere Mittel gebunden wissen. Derzeit kann man sich auch vielfach damit behelfen, dass Servitutswege und Wegegemeinschaften unterschiedlichster Art bereitwillig von den Miteigentümern der Wohnbauanlagen begrüßt werden. Schließlich zieht vielfach noch das Argument, dass es vorteilhaft ist, über mehr Grundeigentum zu verfügen.

Dass dies jedoch in unterschiedlichster Art und Weise vielfach sehr streitgeneigt ist und zu belastenden Nachbarschafts – und Miteigentumssituationen führt, davon können Rechtsanwälte (und wohl auch Richter an Bezirksgerichten) ein Lied singen.

Rechtliche Grundlagen

Ich möchte nun auf die rechtlichen Grundlagen eingehen, die es unterschiedlichsten Wegebenützern ermöglichen, Geh – und Fahrrechte zu ersitzen.

Im Regelfall streiten jene, die sich auf die Ersitzung eines Rechts stützen, das in dieser Art und Weise so nicht aus dem Grundbuch hervorgeht, mit jenen, die eine derartige Ersitzung bestreiten.

Daneben gibt es natürlich auch Fälle, wo unterschiedlichste Arten der Formulierung von Geh – und Fahrrechten und mehr oder weniger deutliche Pläne und Skizzen Raum für unterschiedliche Sichtweisen lassen. Sachverständigengutachten zur Feststellung, welche Beschaffenheit ein Servitutsweg (eigentlich) haben müsste und welche Maßnahmen erforderlich sind, um diese Beschaffenheit zu erreichen gehören ebenso zu kuriosen Vorkommnissen in der Praxis wie Prozesse darüber, wie viele Zentimeter (!) breit ein derartiger Weg zu sein hat, um den vertraglichen Vorgaben zu entsprechen.

Die Grundvoraussetzung jeder Ersitzung ist der Besitz des Rechts oder der Sache, das oder die ersessen werden soll; die bloße Innehabung genügt nicht (Rummel, ABGB² § 1460 Rz 2, OGH 4 Ob 87/04d vom 04.05.2004).

Man kann dann von dem erforderlichen Besitz eines Rechts sprechen, wenn dieses erkennbar gegen jemanden in Anspruch genommen wird und dieser sich fügt. Setzt dies ein Dulden eines anderen voraus, wie beispielsweise das Dulden der Ausübung eines Geh – und Fahrrechtes, ist notwendigerweise eine Handlung zu setzen, die dann erst von einem anderen geduldet werden kann und dies mit dem ersichtlichen Willen, dadurch ein den Handelnden zustehendes Recht auszuüben (Dittrich-Tades, ABGB35 § 1460 E 27):

Bei dieser Rechtsausübung ist es von Bedeutung, dass die Ersitzungszeit (in der Regel 30 Jahre) zu bestimmten Zwecken in bestimmtem Umfang erfolgt. Es kann daher keine Ersitzung geben, wenn die Ausübung des Rechtsinhalts nicht als Recht in Anspruch genommen wird.

Eine weitere Voraussetzung der Ersitzung eines Rechts an einer fremden Sache, an der es in der Praxis immer wieder scheitert – ist gemäß § 1460 in Verbindung mit § 1467 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) – der redliche und echte Rechtsbesitz, der durch Gebrauch eines Rechts gegen einen anderen erworben wird. Wesentlich ist, dass der dadurch Belastete die Besitzausübung trotz Erkennbarkeit über die (in § 1477 ABGB genannten Zeitrahmen) – in der Regel einer Ersitzungszeit von 30 Jahren – zulässt.

Die Voraussetzung der 30-jährigen Ersitzungszeit ist weithin bekannt. Oftmals wird jedoch zu wenig berücksichtigt, ob ein durchgängiger, redlicher Rechtsbesitz von 30 Jahren erfolgt ist. Dinge, die einen derart Rechtsausübenden daher von einem gutgläubigen zu einem schlechtgläubigen Rechtsausübenden werden lassen, können für die Ersitzung sehr hinderlich sein. Umgekehrt ist das für diejenigen von Bedeutung, die sich gegen eine unliebsame Ersitzung zur Wehr setzen möchten.

 

Das nachweisliche Einschreiten – am besten in rechtsanwaltlicher Begleitung – kann ein wirksames Mittel sein, um die ungewollte Ersitzung zu verhindern.

Möchte man die erfolgreiche Ersitzung geltend machen – beispielsweise, wenn man in eine Situation kommt, wo dies auf einmal erforderlich ist, dass sich Eigentumsverhältnisse oder das Verhältnis zu Nachbarn verändert hat – dann tut man gut daran, vor einem allfälligen Prozess die Sach – und Rechtslage genaustens aufzuarbeiten. Kein Prozess über die Ersitzung eines Servitutsweges kommt ohne die Befragung zahlreicher Zeugen aus. Ob es überhaupt genügend andere Personen gibt, die einen ein derartiges Recht bezeugen können, gilt es vor Einleitung eines Prozesses zu erheben. Die Einleitung des Prozesses geschieht durch Klage mit der neben der Feststellung des Bestehen eines gewissen Rechts auch bestenfalls die Einverleibung dieser Dienstbarkeit im Grundbuch begehrt wird.

Aufgrund der langen Verfahrensdauer sollte vor Erhebung einer derartigen Klage jedenfalls auch die Kostenthematik mit dem Rechtsanwalt besprochen werden. Die Einvernahme zahlreicher Zeugen und auch die Sichtung zahlreicher (oftmals älterer Urkunden) erfordert in der Regel mehrere Verhandlungstermine, was wiederrum mit einem erhöhten Kostenaufwand erforderlich ist. Auch in einem derartigen Verfahren gilt, dass die unterliegende Partei schuldig ist, der obsiegenden Partei im Verhältnis des Unterliegens zum Obsiegen Kostenersatz zu leisten. Vereinfacht gesagt, trägt dann der Verlierer seine Kosten und daneben auch die Kosten der siegreichen Partei.

Bei all diesen Fragen stehen wir gerne bei Rat und Tat zur Verfügung. Wir empfehlen jedenfalls, sich vor Einlassung einer Servitutsstreitigkeit rechtsanwaltlich beraten zu lassen.

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