Lejla Puskar,
April 2024
Unterhaltsansprüche nach der Scheidung
Bei einer Ehescheidung ist es wichtig zu klären, welche Unterhaltsansprüche dem berechtigten Ehegatten zustehen und in welcher Höhe diese festgelegt werden können. Grundsätzlich richtet sich der Unterhalt nach Parteienvereinbarung (§ 80 EheG). Das geschiedene Ehepaar kann vertraglich vereinbaren, ob und in welcher Höhe einer der Ehegatten Unterhalt leisten muss. Falls keine solche Vereinbarung besteht, kommen die gesetzlichen Regelungen des Unterhalts zur Anwendung (§§ 66 ff EheG). Hierfür hat die Rechtsprechung Prozentsätze für die Berechnung der Höhe herausgearbeitet. Der Unterhaltsanspruch hängt davon ab, ob bei der Scheidung ein Schuldausspruch erfolgt ist oder nicht.
Scheidungen mit Schuldausspruch
Bei Scheidungen mit Schuldausspruch kommt es auf das Verschulden der Ehegatten an. Geht im Scheidungsurteil hervor, dass einen der Ehegatten Alleinverschulden trifft, muss dieser dem anderen Ehepartner angemessenen Unterhalt leisten. Die Höhe des Unterhalts bemisst sich anhand der Lebensverhältnisse beider Ehegatten und ist grundsätzlich abhängig von
- der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten und
- den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten.
Grundsätzlich sind folgende Prozentsätze angemessen:
- nicht erwerbstätige Ehegatten: 33% des Nettoeinkommens des anderen Ehegatten
- weniger verdienende Ehegatten: 40% des gemeinsamen Nettoeinkommens, abzüglich des eigenen Nettoeinkommens (bei sehr großem Einkommensunterschied max. 33 %)
Von diesen Prozentsätzen werden jedoch bei Sorgepflichten weitere Prozentsätze abgezogen:
- Bei zusätzlicher Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten werden weitere 1 bis 3% vom Prozentsatz abgezogen (bei teilweiser Selbsterhaltungsfähigkeit des neuen Ehegatten 1-2%, bei vollem Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten 3%).
- Bei zusätzlichen Unterhaltspflichten gegenüber Kindern werden vom jeweiligen Prozentsatz (also von den 33 bzw 40%) noch 4 % pro Kind abgezogen.
Gleichteiliges Verschulden der Ehegatten
Im Falle, dass beide Ehegatten gleiches Verschulden trifft, steht keinem ein Unterhaltsanspruch zu. Oftmals kommt es vor, dass sich einer der Ehegatten nach der Scheidung nicht selbst erhalten kann, weshalb die Billigkeitsklausel zur Anwendung kommt. Hier kann ein Unterhaltsbeitrag vom Gericht zugebilligt werden, welches nach der Rechtsprechung bei 10 bis 15 Prozent des Nettoeinkommens des Verpflichteten liegt (§ 68 EheG).
Scheidungen ohne Schuldausspruch
Bei einer Scheidung ohne Schuldausspruch hat nur diejenige Partei einen Anspruch auf Unterhalt, die die Scheidungsklage nicht eingereicht hat (§ 69 Abs 3 EheG). Hier wird der Unterhalt nach Billigkeit zugesprochen. In diesem Fall werden für die Bemessung des Unterhalts die Lebensbedürfnisse sowie Erwerbsverhältnisse des Geschiedenen berücksichtigt.
Der Unterhaltsanspruch erlischt durch den Tod des Berechtigten, nicht jedoch des Verpflichteten. In diesem Fall geht die Unterhaltspflicht auf die Erben über (§ 747 ABGB).
Die Kanzlei Dr. Leitinger & Dr. Leitinger Rechtsanwälte GmbH steht zur Beratung von familienrechtlichen Angelegenheiten bzw. zu Fragen rund um Unterhaltsansprüche und Scheidungsverfahren gerne zur Verfügung.
Quellen
Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht7 (2022).
https://www.oesterreich.gv.at/themen/familie_und_partnerschaft/partnerschaft-und-ehe/scheidung/7.html#allein (Stand 15.04.2024).