Mag. Alexander Buchsteiner, November 2023
Schadenersatz-
ansprüche bei Hundebiss-Verletzungen
In Österreich werden Hundebissverletzungen – nicht zuletzt auch aufgrund von teilweise erschreckenden Medienberichten – immer wieder zum breit diskutierten Thema. Opfer von Hundebissen stellen sich in der Folge oftmals die Frage, wer und in welchem Umfang für den verursachten Schaden aufzukommen hat.
Im folgenden Beitrag wird dieser Frage auf den Grund gegangen und versucht, einen Überblick über Schadenersatzansprüchen nach Hundebissen zu geben. Hierzu wird ein Blick auf die relevanten schadenersatzrechtlichen Bestimmungen geworfen und die relevante höchstgerichtliche Judikatur berücksichtigt.
Zum Schadenersatz allgemein
Das Prinzip des Schadenersatzes geht grundsätzlich davon aus, dass jeder seinen Schaden selbst zu tragen hat (vgl § 1311 ABGB). Erst wenn gewisse Erfordernisse hinzutreten, kommt ein Anspruch gegen andere in Betracht. Im Falle von Hundebissen ist insbesondere die Verschuldenshaftung relevant, wobei sich – im Falle der Tierhalterhaftung nach § 1320 ABGB – zumindest im Ansatz auch gewisse Elemente der Gefährdungshaftung wiederfinden.
Das Verschulden stellt prinzipiell die persönliche Vorwerfbarkeit eines rechtswidrigen Verhaltens dar, wobei zwischen den Verschuldensformen der leichten und groben Fahrlässigkeit sowie des Vorsatzes unterschieden wird. Im Unterschied dazu knüpft die Gefährdungshaftung nicht an ein Verschulden, sondern an eine an sich gefährliche Tätigkeit an – wie etwa dem Fahren eines Autos.
Liegen alle für das Bestehen eines Schadenersatzanspruchs vorausgesetzten Elemente vor – im Falle der Verschuldenshaftung ist dies neben dem Schadenseintritt die Kausalität, die Rechtswidrigkeit und – wie ausgeführt – das Verschulden, stellt sich die Frage nach dem konkreten Anspruchsinhalt.
Tierhalterhaftung
Neben diesen kurz dargestellten allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen regelt § 1320 ABGB als lex specialis die Tierhalterhaftung, die bei Hundebissverletzungen von großer Relevanz ist. Im Vergleich zu den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Regeln finden sich hier einige Besonderheiten.
Gemäß § 1320 ABGB ist für durch ein Tier verursachte Schäden
- derjenige verantwortlich, der es angetrieben, gereizt oder unzureichend verwahrt hat und/oder
- der Tierhalter, sofern dieser nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung gesorgt hat.
Der Halter eines Tieres ist dabei diejenige Person, die die tatsächliche Herrschaft über das Tier ausübt. Es ist für die Anwendbarkeit der Tierhalterhaftung nicht erforderlich, der tatsächliche Eigentümer – etwa eines Hundes – zu sein. Andererseits reicht es für die Qualifikation als Tierhalter nicht aus, etwa nur der behandelnde Tierarzt oder eine bloße Aufsichtsperson zu sein, die einen Hund „ausführt“.
Die Qualifikation als Halter eines Tieres hat zur Folge, dass ein strengeres Haftungsregime samt Beweislastumkehr greift. So hat etwa der Hundehalter nach einem Biss seines Tieres zu beweisen, dass er für die erforderliche Verwahrung und Beaufsichtigung gesorgt hat und nicht – wie nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen – der Geschädigte. Hier findet sich auch – wie zuvor bereits erwähnt – eine gewisse Annäherung an die Gefährdungshaftung statt, wenngleich keine Gefährdungshaftung per se vorliegt. Die von einem Tier ausgehende Gefahr wird jedoch dadurch berücksichtigt, dass hinsichtlich der Verwahrung und Beaufsichtigung ein objektiver Maßstab zur Anwendung kommt und es nicht auf das (subjektive) Verschulden des Tierhalters ankommt. Ob es ein Hundehalter fahrlässig oder vorsätzlich unterlassen hat sein Tier adäquat zu sichern, ist sohin für das Bestehen einer Haftung irrelevant.
Inhalt des Schadenersatzanspruchs
Im Schadenersatzrecht gilt nach § 1323 ABGB der allgemeine Grundsatz der Naturalrestitution. Zunächst ist dadurch die Wiederherstellung des vorherigen Standes geschuldet. Etwa im Falle von körperlichen Verletzungen nach einem Hundebiss ist dies jedoch nicht möglich, sodass Geldersatz geschuldet wird.
Die Spezialregel des § 1325 ABGB sieht bei Körperverletzungen den Ersatz von Heilungskosten, des Verdienstentgangs sowie ein angemessenes Schmerzengeld vor. Schmerzengeld kann dabei auch für psychische Alteration begehrt werden. Sehr relevant im Zusammenhang mit Hundebissverletzungen kann zudem die Verunstaltungsentschädigung (§ 1327 ABGB) sein. Diese hat die Abgeltung eines beeinträchtigten äußerlichen Erscheinungsbildes des Verletzten zum Ziel. Wie jüngste Medienberichte zeigen, können Angriffe von Hunden tragischerweise auch zum Tod einer Person führen. In einem solchen Fall sind die Begräbniskosten zu ersetzen und hinterblieben Unterhaltsberechtigten gebührt ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Unterhalts.
Höhe des Schadenersatzanspruchs
Bei der Bemessung der Höhe eines Schadenersatzanspruchs gilt es den Zweck des Schadenersatzrechts zu beachten, wonach dieser nicht als Strafe dient, sondern einzig und allein den entstandenen Schaden ersetzen soll.
Im Fall von Aufwendungen (z.B. Medikamentenkosten, Fahrtkosten), die in Zusammenhang mit einer Schädigung angefallen sind, ist es vergleichsweise einfach die Höhe des entstandenen Schadens – etwa anhand von Rechnungen – zu ermitteln.
Insbesondere bei Schmerzengeldansprüchen stellt die Bemessung jedoch keine einfache Aufgabe dar, nachdem der Schmerz an sich ein subjektives Empfinden darstellt. Grundsätzlich erfolgt die Bemessung von Schmerzengeldansprüchen anhand von Schmerzperioden, die in leichte, mittlere und starke Schmerzen unterteilt werden. Zur Berechnung wird auf die jeweilige Anzahl an Tagen abgestellt, an welchen der Geschädigte unter leichten, mittleren und starken Schmerzen gelitten hat.
Eine grobe Einordnung der Höhe des Schmerzengeldes kann anhand sogenannter Schmerzengeldtabellen erfolgen, wonach das Oberlandesgericht Graz für einen Tag Schmerzen etwa
- € 110,00 – € 120,00 für leichte
- € 220,00 – € 240,00 für mittlere und
- € 330,00 – € 360,00 für starke Schmerzen
zuspricht. Es handelt sich dabei allerdings nur um Richtwerte. In der Praxis gilt es immer die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Unsere Kanzlei steht Ihnen in schadenersatzrechtlichen Thematiken gerne zur Seite. Um die für Sie optimale Lösung zu finden und Ihre Schadenersatzansprüche erfolgreich durchzusetzen, legen wir besonderes Augenmerk auf die individuellen Umstände Ihres Falls.
Quellen:
Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019)
Danzl/Karner in Bydlinski/Perner/Spitzer, Kurzkommentar zum ABGB7 (2023) § 1320
Fellner, Tierhalterhaftung (Stand 10.7.2023, Lexis Briefings in lexis360.at)
Hartl, Schmerzengeldsätze in Österreich in Euro, RZ 2023, 73