Mag. Stefanie Obmann, BA, November 2023

Gemeinschaftskonten im Erbfall

Mag die Form des Gemeinschaftskontos aus einer Zeit stammen, in der häufig lediglich ein Ehegatte (meist der Mann) Alleinverdiener war, sind Gemeinschaftskonten auch heute noch weit verbreitet. Vorteile sind, dass das Gemeinschaftskonto eine übersichtliche und transparente Handhabung der Finanzen für Paare ermöglicht, der fehlende Koordinationsaufwand zweier Einzelkonten, dass Kontospesen und Kontoführungsgebühren lediglich einmal anfallen, etc.

Welche Arten von Gemeinschaftskonten gibt es?

Ein Gemeinschaftskonto liegt vor, wenn mehrere Personen Inhaber eines Kontos sind. Die entsprechenden Regelungen sind nicht im Gesetz, sondern in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (Allgemeine Bankbedingungen, ABB) in Z 35 enthalten.

Es werden grundsätzlich zwei Arten von gemeinsamen Konten unterschieden: Bei einem Oder-Konto ist jeder Kontomitinhaber einzeln gegenüber der Bank berechtigt, über die Kontoforderung zu verfügen; bei einem Und-Konto sind alle Kontoinhaber nur gemeinsam verfügungsberechtigt.

Das Oder-Konto stellt den Regelfall der Gemeinschaftskonten mangels anderweitiger Vereinbarung dar. Es handelt sich kraft rechtgeschäftlicher Vereinbarung um eine Gesamtforderung (§ 892 ABGB – mehrere Personen sind zur ungeteilten Hand forderungsberechtigt) begründet.

Die Einzelverfügungsberechtigung kann jederzeit durch den ausdrücklichen Widerruf eines Kontoinhabers beendet werden. Ab dem Widerruf sind die Kontoinhaber nur mehr gemeinsam verfügungsberechtigt.

Beim Und-Konto richtet sich die Rechtsbeziehung zwischen der Bank und den Verfügungsberechtigten nach § 890 ABGB. Es handelt sich um eine Gesamthandforderung, bei der die Bank allen Kontomitinhabern gemeinsam leisten muss.

Das Innenverhältnis zwischen den Kontoinhabern, dh unter den Ehegatten, ist strikt vom Außenverhältnis zur Bank zu trennen. Das Recht am Guthaben zwischen den Kontoinhabern (= materielle Berechtigung) richtet sich nach dem Vertragspartner des Dritten, also welchem Kontoinhaber ein Dritter durch Einzahlung bzw Überweisung auf das (gemeinsame) Konto leisten möchte.

Da ein allfälliger Ausgleichsanspruch zwischen den Mitinhabern nicht gesetzlich geregelt ist, ist es empfehlenswert, eine konkrete Vereinbarung zu treffen, in welchem Verhältnis das Kontoguthaben den Inhabern zukommen soll. Gibt es keine Vereinbarung im Innenverhältnis (und ergibt sich auch kein Zweck aus der Leistung), entscheidet das Zuvorkommen über die wirtschaftliche Zuordnung des Guthabens. Diesfalls entfällt ein Ausgleichsanspruch.

Was passiert nun mit einem Gemeinschaftskonto, wenn einer der Kontoinhaber verstirbt?

Gemeinsame Bankguthaben von Ehegatten sind im Zweifel zur Hälfte zur Verlassenschaft zugehörig. Auch das Guthaben auf Oder-Konten ist nur anteilig mit dem auf den Erblasser entfallenden Teil als Aktiva in die Verlassenschaft aufzunehmen.

Diese Zweifelsregel kommt allerdings nur dann zum Tragen, wenn die Ehegatten als Kontoinhaber das Guthaben gemeinsam aufgebracht und verwendet haben, ohne dass eine Abgrenzung möglich ist. Kann der Nachweis – durch unbedenkliche Urkunden (zB Ein- und Auszahlungsbelege oder Kontoauszüge) – erbracht werden, dass die Einzahlungen auf das gemeinsame Konto alleine aus den Mitteln eines Ehegatten stammen, wird von der Anwendung der Zweifelsregel abgesehen.

Soll der auf den verstorbenen Kontoinhaber entfallende Anteil am Kontoguthaben seinem Kontomitinhaber zukommen, ist darüber letztwillig zu verfügen oder bereits zu Lebzeiten eine Schenkung (auf den Todesfall) vorzunehmen. Dabei empfiehlt sich die Dokumentation zu Beweiszwecken.

Wenn die Hälfte des Kontoguthabens in die Verlassenschaft fällt, führt die bloße Mitinhaberschaft am Konto zu keiner am Erbrecht vorbeilaufenden Vermögensverschiebung. Bis zur Einantwortung steht die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft dem erbantrittserklärten Erben zu, sofern er sein Erbrecht hinreichend ausweist. Mehrere Erben üben das Recht gemeinsam aus Bis zur rechtkräftigen Einantwortung darf der Erbe das Kontoguthaben allerdings nur für Zwecke der Verlassenschaft verwenden.

Daher ist es ein großer Vorteil des Oder-Kontos für Ehegatten, dass der überlebende Ehegatte nicht durch den Tod des anderen eingeschränkt wird (auch wenn im Innenverhältnis eine abweichende wirtschaftliche Zuordnung vorherrscht).

Die Allgemeinen Bankbedingungen erlauben dem überlebenden einzelverfügungsberechtigten Kontoinhaber, weiter über das Kontoguthaben zu verfügen. Das Gemeinschaftskonto wird in diesem Fall nicht von der Bank gesperrt. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass auch die Erben die Einzelverfügungsbefugnis durch einen Widerspruch jederzeit widerrufen können.

Demgegenüber wird ein Und-Konto im Todesfall eines Kontoinhabers automatisch gesperrt. Der überlebende Kontoinhaber kann dann während des Verlassenschaftsverfahrens nicht mehr über das Kontoguthaben verfügen, außer es liegt ein genehmigender Beschluss des Abhandlungsgerichts vor.

Es sollten daher bereits zu Lebzeiten Vereinbarungen getroffen werden, wie im Todesfall mit dem Konto (und dem Kontoguthaben) zu verfahren ist.

Gerne stehen wir Ihnen jederzeit zur Erörterung der oben stehenden Fragen und der weiteren Verfügungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit einem Gemeinschaftskonto zur Verfügung.

Quelle:

Harner, Rechtsfragen rund um das Gemeinschaftskonto, JEV 2022, 120

 

 

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