Lejla Puskar, März 2024

Die Haftung nach dem EKHG

Die technische Weiterentwicklung von Eisenbahnen und Kraftfahrzeugen führte nicht nur zu einer neuen Gefahrenquelle im Verkehrsalltag, sondern auch zur erheblichen Einschränkung der Verkehrssicherheit auf Grund der Vielzahl an den damit einhergehenden Risiken und Unfällen.

Für den Ersatz der dadurch entstandenen Schäden war die Verschuldenshaftung nach dem ABGB nicht mehr ausreichend. Demzufolge hat die Rechtsordnung hierfür die Gefährdungshaftung nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz konstituiert.

Anwendung

Unter den Anwendungsbereich des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes fallen Personenschäden, wie Verletzungen oder Todesfälle sowie Sachschäden beim Betrieb von Eisenbahnen, Kraftfahrzeugen oder Seilaufzügen, wie beispielsweise Schlepplifte. Auch der Fahrzeughalter bzw. Betreiber der Bahn oder des Seilaufzugs muss für entstandene Schäden aufkommen.

Der Wortlaut „Betrieb“ definiert im EKHG die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges, welches die Einwirkung elektromotorischer Kräfte zur Fortbewegung benötigt. Zudem ist eine Bauartgeschwindigkeit von über 10 km/h erforderlich.

Nach der Rechtsprechung gehört zum Betrieb nicht nur die Fortbewegung des Kraftfahrzeuges, auch das stehende KFZ ohne laufenden Motor fällt unter die Inbetriebnahme. Desgleichen das Einsteigen in das Fahrzeug und das Aussteigen aus dem Fahrzeug.

Haftpflichtiger

§ 5 EKHG bestimmt als haftpflichtige Person den „Halter“. Das ist diejenige Person, die das Fahrzeug auf eigene Rechnung und Gefahr betreibt. Dies setzt wiederum voraus, dass ihr mit einer gewissen Dauerhaftigkeit die freie Verfügung über das Fahrzeug zukommt. Die Haltereigenschaft ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, unabhängig davon, welcher Anschein nach außen besteht und welche Ansicht eine als Halter in Betracht kommende Person selbst vertritt. Der Halter muss nicht der Eigentümer sein oder derjenige, auf den das Fahrzeug zugelassen ist. Im Fall der Veräußerung des Fahrzeugs geht die Haltereigenschaft – unabhängig von den Vereinbarungen zu den Rechtsverhältnissen (zB Eigentumsvorbehalt, Aufrechtlassen der Zulassung) – regelmäßig mit der Ãœbergabe auf den Erwerber über.

In der Rechtsprechung war es bis vor kurzem üblich, dass der Inhaber einer Werkstatt für die Reparaturzeit die Haltereigenschaft anstelle des Auftraggebers übernimmt. Der Oberste Gerichtshof hat diese Auffassung seit einiger Zeit verworfen und somit diesen Standpunkt revidiert.

 

 

Haftung des Halters

Bei einem Verkehrsunfall eines Eisbahn- oder Kraftfahrzeuges wird dem Halter unabhängig von einem Verschulden der Ersatz eines Schadens auferlegt.

Nach dem OGH steht einem Angehörigen, der eine Gesundheitsbeeinträchtigung mit Krankheitswert erleidet, Anspruch auf Schmerzengeld selbst dann zu, wenn dieser während des Unfalles weder vor Ort anwesend war noch einen Schock aufgrund der Todesnachricht oder Mitteilung über schwerwiegende Verletzungen erlitten hat. Anders sieht die Rechtsprechung dies bei bloßen Trauerschäden ohne Krankheitswert. Diese Schäden werden bei der Gefährdungshaftung nicht zugesprochen.

 

 

Haftung der Versicherung

Für Kraftfahrzeuge besteht grundsätzlich eine Versicherungspflicht. Die Versicherung haftet bei demnach solidarisch mit dem Halter gemäß § 26 KHVG.

Im Falle, dass eine Person das Kfz ohne Wissen und Willen des Halters in Betrieb genommen hat, ist der Halter von der Haftung befreit. Anstelle des Halters haftet der Schwarzfahrer. Eine Solidarhaftung kommt dann in Betracht, wenn der Halter die Schwarzfahrt ermöglicht hat.

Haftungsausschluss

Nach dem § 9 EKHG besteht keine Haftung, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden ist. Dies liegt dann vor, wenn der Unfall trotz aller eingehaltenen Maßnahmen nicht vermeidbar ist. Des Weiteren darf der Unfallhergang nicht auf einem mangelhaften Zustand beruhen oder einen Fehler in der Beschaffenheit aufweisen.

Für besondere Gefahrensituationen trifft den Halter jedenfalls die Haftung. Nach der Rechtsprechung des OGH liegt eine Gefahrensituation insbesondere dann vor, wenn mit dem Unfall eine außergewöhnliche Betriebsgefahr einhergeht, die sich auf jede Art von Kontrollverlust des Fahrzeuges erstreckt. Darunter fällt beispielsweise das Schleudern oder Verreißen des Fahrzeuges.

Dessen ungeachtet kann der Halter in bestimmten Fällen von der Haftung befreit sein. Hier spielt insbesondere das Verschulden des Geschädigten eine Relevanz. Hat der Geschädigte die außergewöhnliche Betriebsgefahr herbeigeführt, so besteht gegenüber diesem keine Haftung.

Das EKHG ist eine wichtige rechtliche Grundlage, um die Haftung bei Schäden durch Eisenbahnen und Kraftfahrzeugen zu regeln und dem Geschädigten einen angemessenen Schadensersatz zu gewährleisten. Es trägt somit zur Sicherheit und zum Schutz der Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen bei.

Unsere Kanzlei steht Ihnen bei sämtlichen Fragen und schadenersatzrechtlichen Ansprüchen jederzeit zur Verfügung. Für die optimale Lösungsfindung legen wir besonderes Augenmerk auf die individuellen Umstände Ihres Falls.

 

Quellen:

Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht7 (2022)

Heel, Kraftfahrzeughaftpflicht (Stand 29.01.2024, Lexis Briefings in lexis360.at)

Neumayr, Grundsätzliches und Aktuelles zum EKHG (2014)

 

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