Dr. Theresia Leitinger M.A.I.S, November 2023

Arzthaftung – Behandlungs- und Aufklärungsfehler

Heilbehandlungen sind oft lebensnotwendig, die Risiken dabei vielfach jedoch nicht zu unterschätzen. Patienten haben das Recht, vor einem medizinischen Eingriff über die Art der Behandlung sowie die potentiellen Risiken aufgeklärt zu werden.

Wird die Behandlung nicht korrekt durchgeführt und resultiert daraus ein Behandlungsfehler, sind Patienten berechtigt, Schadenersatz zu fordern. Selbiges gilt im Fall von Aufklärungsfehlern. Unterlassene oder unzureichende Aufklärung kann dazu führen, dass sich Patientinnen im Nachhinein anders entschieden hätten, auch diesfalls muss mit Schadenersatzforderungen gerechnet werden.

Im nachfolgenden Beitrag sollen die potentiellen Felder der Arzthaftung kurz skizziert und eine Handlungsempfehlung gegeben werden, wie Schadenersatzfälle zumindest eingeschränkt, wenn nicht gar ganz vermieden werden können.

 

Behandlungsfehler

Eine Heilbehandlung, ein medizinischer Eingriff, eine Operation, etc., die durch eine Ärztin durchgeführt wird, hat lege artis zu erfolgen. Lege artis, das bedeutet nach „den Regeln der Kunst“ und somit fachgerecht nach den medizinischen Standards. Hat der Arzt den Eingriff bei der Patientin lege artis durchgeführt und kommt es dennoch zu Komplikationen, ist die Patientin nicht berechtigt, Schadenersatz zu fordern.

Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, dass ein Behandlungsfehler nur behauptet werden muss, und der Arzt sich danach frei beweisen muss ist lediglich für das Verschulden und den Kausalzusammenhang eine Beweislastumkehr bzw Beweiserleichterung normiert. Die höchstgerichtliche Judikatur (RIS-Justiz RS0026209) hat klar festgestellt: „Nach § 1299 ABGB hat der Geschädigte den Schaden, das Vorliegen eines Kunstfehlers und die Ursächlichkeit oder die Mitursächlichkeit zu beweisen (EvBl 1957/171). Für den Beweis des Kausalzusammenhangs genügt es allerdings, wenn ein sehr hoher Grad von Wahrscheinlichkeit erreicht wird. Ist der ursächliche Zusammenhang nicht zu erweisen, geht das zu Lasten des Geschädigten, nicht des Schädigers.“

Tipp: Wichtig ist somit für die behandelnde Ärztin, eine Dokumentation des durchgeführten Eingriffs oder der durchgeführten Heilbehandlung zu führen.

Aufklärungsfehler

 Die zweite Kategorie von Arzthaftungsfällen betrifft Aufklärungsfehler. Achtung: Die Aufklärungspflicht gilt nicht nur bei operativen Eingriffen, sondern auch bei medikamentöser Heilbehandlung (OGH 12.07.1990 7 Ob 593/90).

Die Pflicht zur Aufklärung über die Art und den Umfang der Durchführung des Eingriffs sowie über potenzielle Folgen gehört zu den sogenannten „Nebenpflichten“ der Behandlung, sollte jedoch keinesfalls vernachlässigt werden. Dazu gehört auch die Aufklärung über den Heilverlauf und mögliche Komplikationen beim konkret durchgeführten Eingriff.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) legt hier einen strengen Maßstab an (OGH 20.09.2023 1 Ob 132/23b): „Die ärztliche Aufklärungspflicht reicht umso weiter, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder gar geboten ist. Dann ist die ärztliche Aufklärungspflicht im Einzelfall selbst dann zu bejahen, wenn erhebliche nachteilige Folgen wenig wahrscheinlich sind. Selbst auf die Möglichkeit äußerst seltener Zwischenfälle ist dann hinzuweisen, auch auf das allgemeine, mit dem Eingriff verbundene Risiko wie auf die Gefahr von Thrombosen, Embolien und dergleichen. Wäre die Aufklärung des Patienten über die Folgen des Eingriffes aus besonderen Gründen – etwa wegen dessen psychischer Verfassung – kontraindiziert, hat der Arzt vor Vornahme des Eingriffes auch noch zu erwägen, ob er zu unterlassen ist, besonders wenn er nicht dringend geboten ist.“

Grundsätzlich billigt die Rsp jedoch zu, dass eine Aufklärung einzelfallbezogen zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0026529) und der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht, die grundsätzlich anzunehmen ist, immer gesondert zu beurteilen ist. Demnach muss die Ärztin nicht auf alle nur denkbaren Folgen der Behandlung hinweisen.

Tipp: Vor dem Eingriff oder der Heilbehandlung sollte die erfolgte Aufklärung schriftlich dokumentiert und vom Patientin unterschrieben werden.

Unsere Kanzlei steht Ihnen in sämtlichen Fragen von Arzthaftung gerne zur Verfügung.

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